Historische Grenzsteine: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 17. Dezember 2025, 22:31 Uhr























Zwischen Wulfen und Lippramsdorf verlief bis 1975 eine rund 3 km lange schnurgerade Grenze, was in der Region ungewöhnlich ist. An der nordöstlichen Ecke steht eine alte, bekannte Grenzsäule (1) mit verwitterten Einkerbungen, deren Bedeutung bis Nov. 2025 nicht bekannt waren (siehe weiter unten "Beschreibungen" ) und auf der NW-Seite durch Verwitterung auch kaum erkennbar sind.
2025 sind zwei weitere Steine bekannt geworden, die auch auf der historischen Grenze stehen (2) bzw. standen (3). Nr. (2) ist auf der NW-Seite so gut erhalten, dass dadurch das Muster bestimmt werden konnte. Alle Steine bestehen aus lokalem Sandstein der Hohen Mark, der sich nicht gut bearbeiten lässt.
Die Grenzsteine zwischen Wulfen und Lippramsdorf (Grenze bis 1975)
von Nord nach Süd:
1. Der Große Stein bei Uhlenbrock
Zwischen Badde (früher Schulte Bockholt) und Uhlenbrock. Höhe 1,20 m über dem Boden, vollkommen freistehend, auf der Westseite stark verwittert. Als Besonderheit gibt es außer seiner Größe Markierungen an drei Seiten, was sich durch die Position an einem Grenzknick erklärt, siehe Skizze.
(1a. ehemaliger Stein an der Stelle an der Stelle, wo die Grenze die Trasse der ab 1829 gebauten Straße nach Haltern schneidet. Beleg: Urkarte, dort als Nr. 32 eingezeichnet. 2025 nicht auffindbar, bei SCHWINGENHEUER 1958 und bei DUWENBECK 2003 nicht erwähnt, vermutlich schon früher bei Straßenbauarbeiten beseitigt.)
(1b. ehemaliger Stein am Rand des Gebietes der ehem. Zeche Wulfen, heute GXO/Levis. Beleg: Urkarte, Nr. 33. Bei SCHWINGENHEUER 1958 und bei DUWENBECK 2003 nicht erwähnt, vielleicht beim Bau der Zeche 1958 beseitigt.)
2. Stein bei der Frankenstraße
60 cm über der Oberfläche, 40 cm breit, 30-35 cm tief. War (Nov. 2025) vollkommen zugewachsen, jetztb freigeschnitten. Gut erkennbare Markierungen auf der NW-Seite, SO-Seite schlechter.
3. Der Mergen'sche Stein
Befindet sich 2025 auf dem Hof Mergen, seit vielen Jahren nicht mehr am Originalstandort mitten auf einem Acker, neben einer Grenzeiche. Ostendorfer Wappen sehr gut erhalten. Maße 100 x 40 x 40 cm. Besonderheit: schmaler Fuß.
4. Der "Dicke Grenzstein"
am Grenzknick Ostendorp'sche Kamp. 3/2002 wurde der Stein aufgegraben, siehe Fotos von Duwenbeck. 90 cm tief im Boden, ragte nicht über die Erdoberfäche hinaus. Unten 40 x 80 cm.
Besonderheit: Laut Beschreibung Duwenbeck ohne Markierungen, großer Fuß, Kopf bodengleich.
Er bildet den Endpunkt der 3 km schnurgeraden Grenze. Da der andere Endpunkt mit der hohen Steinsäule (1) markiert ist, kann man vermuten, dass auch (4) eine hohe Säule war, die irgendwann auf Bodenhöhe abgebrochen ist. )
(?Noch an der Stelle vorhanden, oder wurde er 2002 ausgegraben und entfernt?)
5. Gedenkgrenzstein
am Gemeindedreieck Hervest/Wulfen/Lippramsdorf 2006 aufgestellte Basaltsäule, siehe Seite "Grenzen" )
Bedeutung der "Einkerbungen"
NW-Seite (Wulfen)
Erkennbar sind drei Vertiefungen, auf (1) und (3) rund, wohl eine Folge der Verwitterung. (2) lässt dagegen Rechtecke erkennen sowie eine feine Randlinie. Dieses Schachbrett-Muster war C. Gruber aus dem Hertener Stadtwappen bekannt, wo es den Stadtteil Westerholt repräsentiert und vom Wappen der Herren von Westerholt stammt. Und tatsächlich waren die Herren von Westerholt von 1526-1708 die Besitzer der Herrlichkeit Lembeck! Das geschachte Muster ist auch auf dem Schloßportal mit zu sehen (siehe Foto).
Als schriftlicher Beleg für die Grenzziehung wurde im Buch "Der Raum Lippramsdorf" eine Quelle gefunden, die 1564 als Jahreszahl angibt (siehe "Archivalischer Beleg") und die Namen und Adelsgeschlechter der Beteiligten nennt.
SO-Seite (Lippramsdorf)
Da es sich um eine Grenzmarkierung aus feudalistischer Zeit handelt, muss es sich auf der anderen Seite auch um ein Wappen eines Landesherrn handeln. Die Herren van Raesfeld waren von 1358 bis 1825 Besitzer der Herrlichkeit Ostendorf. Weil sich der hiesige Sandstein schlecht bearbeiten lässt, ist das Wappen etwas vereinfacht wiedergegeben.
Zu erkennen ist oben eine schmale waagrechte Vertiefung. Darunter ein ungefähr gleichbreiter stehengelassener Steg. Unten dann eine größere Vertiefung. Dies kann man lesen als ein Wappen aus drei waagrecht gestreiften Feldern, die aber nicht gleich groß sind. Das gemalte dreigeteilte Wappen der Herren von Raesfeld zeigt einen waagrechten (aber nicht genau mittigen) schmalen blauen Balken auf goldenem Grund. Wenn man sich im Stein die goldenen Flächen als Vertiefungen vorstellt, ist der Steg dazwischen der blaue Streifen. (Vgl. das Foto aus dem Rittersaal im Schloss Raesfeld)
Die häufigste Wappenform ist unten halbrund, selten mit einer kleinen (positiven) Spitze. Auf den hier behandelten Grenzsteinen ist unten dagegen eine (negative) Einwölbung erkennbar, besonders gut beim Mergen'schen Stein (3). Dies stellt aber kein auf dem Bauch liegendes B oder ähnliches dar, sondern ist eine etwas ungewöhnliche Wappenform.
Herrlichkeit Lembeck
Schlossherren:
Herren von Lembeck (bis 1526)
ab 1526 : Herren von Westerholt
ab 1708 : Grafen von Merveldt
Herrlichkeit Ostendorf
Sie umfasste das Gebiet der Gemeinde Lippramsdorf bis 1975.
"Im Jahre 1358 übernahm Johann von Raesfeld Haus und Freiheit... Die Familie von Raesfeld blieb über 400 Jahre im Besitz der Wasserburg. Durch Konkurs fiel das Rittergut im Jahre 1825 dem Grafen August Ferdinand von Merveldt zu Lembeck zu."
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Haus_Ostendorf
Archivalischer Beleg
Abgedruckt in: Der Raum Lippramsdorf: Beiträge zu seiner Geschichte. Marl 1982. S.188-119 :
Nach einer Eintragung vom 2. Dezember 1564 wurde ein "Zwist zwischen Adolpf [Adolf] von Raesfeld und Herrn über Ostendorf und Bernd von Westerholt Herrn zum Lembeck über die Grenzen der Ranstroper und der Wulfener Marken beigelegt durch Vermittlung des Hermann von Westerholt zu Westerholt und des Drosten von Ense zu Stromberg. Es wurde der Grenzstein gesetzt zwischen Bockholts und Ullenbroiks Habe, und dann sollte auf der Ranstroper Seite in der Mark die Hoheit und Herrlichkeit des Hauses Ostendorf sich erstrecken und auf der Wulfener Seite die des Hauses Lembeck, doch in allen wegen den 'Nachspuren und Durffen ir gemeine nachspurlich Hoede vorbehalten'. " [Was bedeutet der letzte Halbsatz?]
(Anm.: Ranstrop=plattdeutscher Name für Lippramsdorf. Die Akten des Hauses Ostendorf befinden sich überwiegend im Lembecker Schlossarchiv, da die von Merveldts 1825 das Haus erwarben. Aber ihre Benutzung ist nur über das LWL-Archivamt in Münster möglich. Dort gibt es das Findbuch Lem.O.Ak).
Schlussfolgerung
Es handelt sich bei den 4 Steinen um Markierungen einer 1564 festgelegte Grenze zwischen der Herrlichkeit Lembeck und der Herrlichkeit Ostendorf. Von 1816 bis 1929 war sie auch Grenze zwischen dem Kreis Recklinghausen und dem Kreis Coesfeld. Noch bis 1975 bildete sie die Grenze zwischen den Gemeinden Wulfen und Lippramsdorf. Seit der kommunalen Neuordnung befindet sie sich vollständig auf dem Gebiet der Stadt Dorsten.
Schnurgerade Grenzen sind ungewöhnlich. In diesem Heidegebiet befanden sich demnach keine Höfe und Felder, sondern nur die gemeinschaftlich genutzten Marken.
Die Steine (1) und (2) sollten als bedeutsame historische Objekte an ihren (abgelegenen) Standorten als Denkmal geschützt werden. Für den translozierten (3) sollte ein Platz im Siedlungsbereich gesucht werden, wo er als Zeitzeugnis aufgestellt wird. (Heimathaus am Rhönweg?, am Wappenbaum?, vor dem Eingang des Archivs des Heimatbundes?)
Literatur
- (Legendenhafte Erzählung): Der alte Grenzstein zwischen Wulfen und Lippramsdorf / Paul Lippik. Heimatkalender 1927, S.46-47. Auch abgedruckt in: 800 Jahre Gemeinde Wulfen St. Matthäus, 1973, S. 223. Außerdem im Halterner Jahrbuch 1988, S. 70
- Die Wulfener Schnatgänge / Hermann-Josef Schwingenheuer. Heimatkalender 1958. S.88-93 [Fotos von 1936 und von 1950]
- Von Marken, Schnatgängen und historischen Grenzzeichen in Wulfen / Willi Duwenbeck. Heimatkalender 2003, S.137-140
- Archiv Heimatverein Wulfen: Ordner OH E1
Beschreibungen
In der BRUNN'schen Chronik der Herrlichkeit Lembeck (erstellt 1840-1880) werden Grenzen/Grenzsteine NICHT erwähnt
(2) "Da, wo die letzten Ausläufer der Hohen Mark die Grenze zwischen Wulfen und Lippramdorf bilden, steht ein alter Grenzstein. Er ist nicht leicht zu finden. Durch Dickicht und Büsche führt der Weg. Einsam steht er da, ein Zeuge vergangener Zeiten. Tief ist er schon in den Waldboden eingesunken, lichtes Moos umkleidet ihn und Brombeeren haben ihre Ranken um ihn geschlungen. Entfernt man das Mooskleid etwas, so zeigt er eine rätselhafte Inschrift, und ein Riss, wie von einem furchtbaren Säbelhieb, wird sichtbar." Quelle: LIPPIK HKL 1927 S.46
(2) "Ein ... schwerer Grenzstein mit den gleichen ungeklärten Zeichen steht in der Nähe des Eingangs zur Birkenallee nach Lippramsdorf. Von ihm geht eine alte Sage ..." SCHWINGENHEUER HKL 1958 S. 91
(3) "Auf dem Wulfsberg - der Name erinnert an die Wolfsplage vergangener zeit - steht ein weiterer Grenzstein. Er trägt auf der Wulfener Seite mehrere Vertiefungen in Wappenform, auf der Lippramsdorfer Seite zwei Einkerbungen; eine Erklärung der Zeichen konnte bisher noch nicht gefunden werden." SCHWINGENHEUER HKL 1958 S. 91
Willi Duwenbecks 2002 erfolgte Eintragung in einer Karte zu (2): "Großer Grenzstein mit Vertiefungen in Wappenform (?) auf der Wulfener und zwei Einkerbungen auf der Lippramsdorfer Seite (Zeichen ungeklärt)"
Was tun / offene Fragen
- Denkmalschutz?
- Wo den Mergen'schen Stein (3) aufstellen?
- Ist der "Dicke Grenzstein" (4) noch an seinem Platz vorhanden?
- Gibt es eventuell doch noch den Stein (1b) ?
- Gibt es weitere Steine nördlich von (1)
- Publikation im nächsten Jahrbuch (vormals Heimatkalender)
- Was bedeutet der letzte Halbsatz im archivalischen Beleg?
Dank
an Willi Husmann aus Lippramsdorf-Freiheit für ergänzende Hinweise.
Siehe auch


