Historische Grenzsteine

Aus Wulfen-Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Alter Grenzstein (1) Wulfen-Lippramsdorf zwischen den Höfen Schulte-Bockholt und Uhlenbrock (Foto 2009)
Die BiBi am See bot 2019 eine rund 30 km Radtour entlang der Wulfener Grenze an. Eine Station war dieser Grenzstein (1) zu Lippramsdorf zwischen Badde (Schulte Bockholt) und Uhlenbrock
Blickrichtung Westen zum Hof Badde (Schulte Bockholt)
Lippramsdorfer Seite
Wulfener Seite
Der große Grenzstein (1) befindet sich genau im Knick der Grenzlinie am linken Rand


War schwierig zu finden: der gänzlich zugewachsene Grenzstein (2) bei der Frankenstraße
Der freigeschnittene, wiederentdeckte Grenzstein (2) bei der Frankenstraße mit dem Muster der Wulfener Seite
Nr. (2) Südost-Seite
(2) Karte mit Eintragungen von Willi Duwenbeck: Frankenstraße (waagrecht) Marler Damm (ziemlich senkrecht)


Der Mergen'sche Stein (3), ursprünglich am Wulfsberg gelegen, siehe Karte. An der (Lippramsdorfer) Seite ist deutlich ein Querstrich und eine Rechteck eingemeißelt, das wie der Umriss eines hängendens B aussieht.
Der Mergen'sche Stein (3), Kopf der Wulfener Seite
Ausgrabung des Dicken Steins (4) durch Willi Duwenbeck 2002. Außerdem zwei Fotos vom Stein (1) aus der gleichen Zeit. Stark vergrößerbar.
Karte mit der Lage des "Dicken Grenzsteins" (4) im Grenzknick. Der nicht eingetragene Mergen'sche Stein (3) lag nah bei der Grenzeiche rechts vom Wulfsberg
Wappen der Herren von Westerholt
Über dem Portal des Schlosses Lembeck: links Kombinationswappen der Herren von Westerholt zu Lembeck
Zeitgenössisches Kombinationswappen am Schlosstor, bestehend aus den Wappen der Adelsgeschlechter Lembeck (links unten), Westerholt (links oben) und Merveldt (mitte)
Wappen derer von Raesfeld
Wappen im großen Rittersaal von Schloss Raesfeld. Im linken Wappen erkennt mann links oben und rechts unten drei Streifen unterschiedlicher Breite, wobei der mittlere einen erhobenen Balken darstellt.

Zwischen Wulfen und Lippramsdorf verlief bis 1975 eine rund 3 km lange schnurgerade Grenze, was in der Region ungewöhnlich ist. An der nordöstlichen Ecke steht eine alte, bekannte Grenzsäule (1) mit verwitterten Einkerbungen, deren Bedeutung nicht bekannt waren und auf der NW-Seite durch Verwitterung auch kaum erkennbar sind. Alle drei bestehen aus lokalem Sandstein der Hohen Mark, der sich nicht gut bearbeiten lässt.

2025 sind zwei weitere Steine bekannt geworden, die auch auf der historischen Grenze stehen (2) bzw. standen (3). Nr. (2) ist auf der NW-Seite so gut erhalten, dass dadurch das Muster bestimmt werden konnte.

Die Grenzsteine zwischen Wulfen und Lippramsdorf (Grenze vor 1975)

von Nord nach Süd:

1. Der Große Stein bei Uhlenbrock

Zwischen Badde (früher Schulte Bockholt) und Uhlenbrock. Höhe 1,20 m über dem Boden, vollkommen freistehend, auf der Westseite stark verwittert. Besonderheit: es gibt Markierungen an drei Seiten, was sich durch die Position an einem Grenzknick erklärt.

2. Stein bei der Frankenstraße

60 cm über der Oberfläche, 40 cm breit, 30-35 cm tief. War (2025) vollkommen zugewachsen. Gut erkennbare Markierungen auf der Westseite, Ostseite schlechter.

3. Der Mergen'sche Stein

Befindet sich 2025 auf dem Hof Mergen, also micht mehr am Originalstandort. Ostendorfer Wappen sehr gut erhalten. Maße 100 x 40 x 40 cm. Besonderheit: schmaler Fuß.

4. Der "Dicke Grenzstein"

am Grenzknick Ostendorp'sche Kamp. 3/2002 wurde der Stein aufgegraben, siehe Fotos von Duwenbeck. 90 cm tief im Boden, ragte nicht über die Erdoberfäche hinaus. Unten 40 x 80 cm.
Besonderheit: Laut Beschreibung Duwenbeck ohne Markierungen, großer Fuß, Kopf bodengleich.
(Noch an der Stelle vorhanden, oder wurde er damals ausgegraben und entfernt?)

5. Gedenkgrenzstein

am Gemeindedreieck Hervest/Wulfen/Lippramsdorf (2006 aufgestellte Basaltsäule, siehe Seite "Grenzen" )


Bedeutung der "Einkerbungen"

NW-Seite (Wulfen)

Erkennbar sind drei Vertiefungen, auf (1) und (3) rund, wohl eine Folge der Verwitterung. (2) lässt dagegen Rechtecke erkennen sowie eine feine Randlinie. Dieses Muster ist Christian Gruber aus dem Hertener Stadtwappen bekannt, wo es den Stadtteil Westerholt repräsentiert und vom Wappen der Herren von Westerholt stellt. Und tatsächlich waren die Herren von Westerholt von 1526-1708 die Besitzer der Herrlichkeit Lembeck. Das Schachbrettmuster ist auch auf dem Schloßportal mit zu sehen (siehe Foto).
Als schriftlicher Beleg für die Grenzziehung wurde im Buch "Der Raum Lippramsdorf" eine Quelle gefunden, die 1564 als Jahreszahl angibt (siehe "Archivalischer Beleg") und die Namen der Beteiligten nennt.

SO-Seite (Lippramsdorf)

Da es sich um eine Grenzmarkierung aus feudalistischer Zeit handelt, muss es sich auf der anderen Seite um ein Wappen der Herren van Raesfeld handeln, die seit 1358 Besitzer der Herrlichkeit Ostendorf waren. Weil sich der hiesige Sandstein schlecht bearbeiten lässt, ist das Wappen vermutlich vereinfacht wiedergegeben.

Zu erkennen ist oben eine schmale waagrechte Vertiefung. Darunter ein ungefähr gleichbreiter stehengelassener Steg. Unten dann eine größere Vertiefung. Sie ist nicht genau rechteckig, in der Mitte am unteren Rand ist eine leichte Einbuchtung erkennbar. Dies kann man lesen als ein Wappen aus drei waagrecht gestreiften Feldern, die aber nicht gleich groß sind. Das dreigeteilte Wappen der Herren von Raesfeld zeigt einen waagrechten (aber nicht genau mittigen) schmalen blauen Balken auf goldenem Grund. Wenn man sich die goldenen Flächen im Stein als Vertiefungen vorstellt, wäre der Steg dazwischen der blaue Streifen.

Herrlichkeit Lembeck

Schlossherren:
Herren von Lembeck (bis 1526)
ab 1526 : Herren von Westerholt
ab 1708 : Grafen von Merveldt

Herrlichkeit Ostendorf

Sie umfasste das Gebiet der Gemeinde Lippramsdorf bis 1975.

"Im Jahre 1358 übernahm Johann von Raesfeld Haus und Freiheit... Die Familie von Raesfeld blieb über 400 Jahre im Besitz der Wasserburg. Durch Konkurs fiel das Rittergut im Jahre 1825 dem Grafen August Ferdinand von Merveldt zu Lembeck zu."
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Haus_Ostendorf

Archivalischer Beleg

Abgedruckt in:Der Raum Lippramsdorf: Beiträge zu seiner Geschichte. Marl 1982. S.188-119

Nach einer Eintragung vom 2. Dezember 1564 wurde ein "Zwist zwischen Aldolpf [Adolf] von Raesfeld und Herrn über Ostendorf und Bernd von Westerholt Herrn zum Lembeck über die Grenzen der Ranstroper und der Wulfener Marken beigelegt durch Vermittlung des Hermann von Westerholt zu Westerholt und des Drosten von Ense zu Stromberg. Es wurde der Grenzstein gesetzt zwischen Bockholts und Ullenbroiks Habe, und dann sollte auf der Ranstroper Seite in der Mark die Hoheit und Herrlichkeit des Hauses Ostendorf sich erstrecken und auf der Wulfener seite die des Hauses Lembeck, doch in allen wegen den 'Nachspuren und Durffen ir gemeine nachspurlich Hoede vorbehalten'. "

(Anm.: Ranstrop=plattdeutscher Name für Lippramsdorf. Die Akten des Hauses Ostendorf befinden sich im Lembecker Schlossarchiv, da die von Merveldts 1825 das Haus erwarben. Aber ihre Benutzung ist nur über das LWL-Archivamt in Münster möglich. Dort gibt es das Findbuch Lem.O.Ak).

Schlussfolgerung

Es handelt sich bei den 4 Steinen um Markierungen einer 1564 festgelegte Grenze zwischen der Herrlichkeit Lembeck und der Herrlichkeit Ostendorf. Von 1816 bis 1929 war sie auch Grenze zwischen dem Kreis Recklinghausen und dem Kreis Coesfeld. Noch bis 1975 bildete sie die Grenze zwischen den Gemeinden Wulfen und Lippramsdorf. Seit der kommunalen Neuordnung befindet sie sich vollständig auf dem Gebiet der Stadt Dorsten.

Schnurgerade Grenzen sind ungewöhnlich. In diesem Heidegebiet befanden sich demnach keine Höfe und Felder, sondern nur die gemeinschaftlich genutzten Marken.

Die Steine (1) und (2) sollten als bedeutsame historische Objekte an ihren (abgelegenen) Standorten als Denkmal geschützt werden. Für den translozierten (3) sollte ein Platz im Siedlungsbereich gesucht werden, wo er als Zeitzeugnis aufgestellt wird. (Heimathaus am Rhönweg?, am Wappenbaum?, vor dem Eingang des Archivs des Heimatbundes?)


Was tun / offene Fragen

  • Denkmalschutz?
  • Wo den Mergen'schen Stein aufstellen?
  • Ist der "Dicke Grenzstein" noch an seinem Platz vorhanden?
  • Gibt es eventuell noch weitere Steine zwischen 1 und 2 ?
  • Publikation im nächsten Jahrbuch (vormals Heimatkalender)

Literatur

  • (Legendenhafte Erzählung): Der alte Grenzstein zwischen Wulfen und Lippramsdorf / Paul Lippik. Heimatkalender 1927, S.46-47 (im Wald, kann sich also nicht auf den Stein bei Hof Uhlenbrock beziehen)
  • Von Marken, Schnatgängen und historischen Grenzzeichen in Wulfen / Willi Duwenbeck. Heimatkalender 2003, S.137-140

Siehe auch

schwarz=aktuelle Grenze seit 1977, blau=Lippramsdorfer Gebiet seit 1975 zu Dorsten/Wulfen , rot=nachträgliche Korrektur 1983 zugunsten Halterns , grün=nachträgliche Korrektur 1983 zugunsten Wulfens/Dorstens. Änderungen 1977 gegenüber Lembeck sind ebenfalls rot/grün eingetragen. Die Standorte der beiden Gedenkgrenzsteine sind markiert mit einem eingekreisten X. Kartengrundlage: Veröffentlichung im Amtsblatt
Karte des Kreises Coesfeld 1847 (Detail)
Urkataster 1822: Übersichtskarte Wulfen (ohne Deuten), vergrößerbar. Quelle: Innendeckel "Wulfen - Geschichte und Gegenwart" 2004